Modafinil - DocCheck Flexikon (2024)

Handelsnamen: Provigil®, Vigil®
Synonyme: Modafinilum
Englisch: Modafinil

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Definition
  • 2 Geschichte
  • 3 Chemie
  • 4 Wirkmechanismus
  • 5 Pharmakokinetik
  • 6 Indikationen
  • 7 Darreichungsform
  • 8 Dosierung
  • 9 Nebenwirkungen
  • 10 Wechselwirkungen
  • 11 Kontraindikationen
  • 12 Missbrauch
  • 13 Schwangerschaft und Stillzeit
  • 14 Toxizität
  • 15 Labormedizin
  • 16 Verschreibungspflicht
  • 17 Zulassung
  • 18 ATC-Code
  • 19 Quellen
  • 20 Literatur
  • 21 Weblinks

Definition

Modafinil ist ein Arzneistoff, der zur Therapie der Narkolepsie verwendet wird.

Geschichte

Modafinil ist der Hauptmetabolit von Adrafinil, dessen motorisch stimulierende Wirkung 1974 in Frankreich entdeckt wurde. Die klinische Wirksamkeit bei Narkolepsie wurde zuerst 1983 beschrieben. Durch die französische Armee wurde Modafinil während des Golfkriegs im Januar/Februar 1991 verwendet; erst 1992 erfolgte die offizielle Zulassung in Frankreich.[1]

Chemie

Modafinil ist ein Racemat; das R-Enantiomer heißt Armodafinil. Es besteht keine strukturelle Ähnlichkeit mit Amphetaminen. Die Summenformel ist C15H15NO2S. Chemische Namen sind

  • 2-((Diphenylmethyl)sulfinyl)acetamid (IUPAC)
  • 2-Benzhydrylsulfinylacetamid

Die molare Masse beträgt 273,35 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 1,75. Die CAS-Nummer lautet 68693-11-8. Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als weißes, kristallines Pulver vor, das in Wasser praktisch unlöslich ist.

Wirkmechanismus

Modafinil steigert die Wachheit, die Aufmerksamkeit und die motorische Aktivität. Der Mechanismus der psychotropen Wirkung ist im Einzelnen noch nicht geklärt. Sie wird aber dem R-Enantiomer zugeschrieben. Modafinil hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin, während die von Noradrenalin und Serotonin kaum beeinflusst wird. Trotzdem konnte im präfrontalen Kortex und im Hypothalamus unter Modafinil ein Anstieg dieser beiden Neurotransmitter nachgewiesen werden. Tierexperimentelle Untersuchungen weisen darüber hinaus auch auf die Beeinflussung der histaminergen, orexinergen und glutamatergen Neurotransmission hin. Modafinil ist außerdem ein partieller α-1B-adrenerger Agonist.[2]

Pharmakokinetik

Modafinil wird nach oraler Aufnahme rasch resorbiert. Maximale Plasmaspiegel werden nach 2 bis 4 h erreicht. Die Plasmaproteinbindung beträgt 60%, das Verteilungsvolumen 0,9 l/kgKG. Die Biotransformation in der Leber (ca. 90% der Dosis) erfolgt über das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP3A4. Die Metaboliten werden renal eliminiert. Die Halbwertszeit beträgt etwa 15 h.[2]

Indikationen

Modafinil ist in Deutschland für die Behandlung von exzessiver Schläfrigkeit zugelassen, die im Rahmen einer Narkolepsie mit oder ohne einhergehende Kataplexie auftritt.[3][4]

Andere Anwendungsgebiete sind Off-Label-Use:[2][5]

  • Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS)
  • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS)
  • Depression: Akute unipolare und bipolare depressive Episoden

Die EMA hat bereits 2010 empfohlen, Modafinil aufgrund der unerwünschten Wirkungen und des Missbrauchspotenzials nicht mehr bei idiopathischer Hypersomnie, beim Schlafapnoe-Syndrom (Obstruktives Schlafapnoesyndrom) und beim Schichtarbeiter-Syndrom einzusetzen.[6]

Darreichungsform

Modafinil steht in Form von Filmtabletten zur oralen Einnahme zur Verfügung.

Dosierung

Die empfohlene initiale Tagesdosis liegt bei 200 mg; sie kann auf bis zu 400 mg/d gesteigert werden.

Bei eingeschränkter Leberfunktion sollte die Dosis halbiert werden. Nach längerer Anwendung kann es beim abrupten Absetzen zum Rebound der Narkolepsie kommen.[2]

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

Nebenwirkungen

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen von Modafinil sind:[2]

  • Kopfschmerzen: Sie sind in der Regel leicht bis mittelschwer, dosisabhängig und verschwinden nach wenigen Tagen.
  • Übelkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Angst
  • Nervosität
  • Schlaflosigkeit
  • Schwindel
  • Diarrhö
  • Rhinitis

Folgende neuropsychiatrische Symptome wurden vereinzelt unter der Therapie beobachtet:

  • Suizidgedanken
  • Manie
  • Psychose mit Wahnvorstellungen, Halluzinationen

Sehr selten sind lebensbedrohliche Nebenwirkungen aufgetreten:[2]

  • Toxische epidermale Nekrolyse (TEN)
  • Drug Rash with Eosinophilia an Systemic Symptoms (DRESS-Syndrom)
  • Stevens-Johnson-Syndrom

Wechselwirkungen

Modafinil induziert die Cytochrom-P450-Isoenzyme CYP3A4, CYP1A1 und CYP2B6 und hemmt CYP2C19 und CYP2C9, sodass Wechselwirkungen mit Pharmaka auftreten können, die über diese Isoenzyme metabolisiert werden.
Die gleichzeitige Einnahme von Prazosin führt zum Wirkungsverlust.

Kontraindikationen

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und sonstige Bestandteile des Arzneimittels
  • Abhängigkeit von Drogen, Alkohol oder Arzneimitteln
  • Mittelschwere bis schwere Hypertonie, wenn sie nicht kontrolliert ist
  • Herzrhythmusstörungen

Missbrauch

Modafinil wird als Smart Drug, Dopingmittel[7] und Partydroge missbraucht. In klinischen Studien führte die Einnahme von Modafinil zu euphorischen und psychoaktiven Wirkungen, die das Denken, die Stimmung, die Gefühle und die Wahrnehmung wie bei anderen ZNS-Stimulanzien veränderten.[2]

Schwangerschaft und Stillzeit

Modafinil sollte daher während der Schwangerschaft und der Stillzeit nicht angewendet werden. Vor einem möglichen Risiko schwerer angeborener Fehlbildungen wurde gewarnt.[8]

Toxizität

Bei Überdosierungen wurden ähnliche Symptome, die auch als Nebenwirkungen auftreten, in verstärkter Ausprägung beobachtet (Tachykardie, Schlaflosigkeit, Agitiertheit, Schwindel, Angst). Es ist kein spezifisches Antidot bekannt. Die Therapie erfolgt symptomatisch.[9]

Labormedizin

Es gibt keine Hinweise auf die Beeinflussung von Laboruntersuchungen durch Modafinil.

Verschreibungspflicht

Alle Präparate, die Modafinil enthalten, sind verschreibungspflichtig, unterliegen aber nicht mehr der BtMVV.

Zulassung

Modafinil ist in der EU seit 1992, in den USA seit 1998 zugelassen.

ATC-Code

  • N06BA07 - Psychoanaleptika - Psychostimulanzien, Mittel zur Behandlung der ADHS und Nootropika - Zentral wirkende Sympathomimetika

Quellen

  1. Billiard M, Broughton R. Modafinil: its discovery, the early European and North American experience in the treatment of narcolepsy and idiopathic hypersomnia, and its subsequent use in other medical conditions. Sleep Med. 2018 Sep;49:69-72.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Greenblatt K, Adams N. Modafinil. [Updated 2022 Feb 22]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan-.
  3. S1-Leitlinie Narkolepsie. AWMF Registernummer 030 - 056
  4. McClellan KJ, Spencer CM. Modafinil: A Review of its Pharmacology and Clinical Efficacy in the Management of Narcolepsy. CNS Drugs. 1998 Apr;9(4):311-24.
  5. Kumar R. Approved and investigational uses of modafinil: an evidence-based review. Drugs. 2008;68(13):1803-39.
  6. Modafinil. EMA
  7. Verbotsliste 2023. NADA Stand 1. Januar 2023
  8. AkdÄ. Modafinil: Mögliches Risiko schwerer angeborener Fehlbildungen. RHB 9. Mai 2019
  9. Spiller HA et al. Toxicity from modafinil ingestion. Clin Toxicol (Phila). 2009 Feb;47(2):153-6

Literatur

  • Aktories K et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 13. Aufl., München: Elsevier 2022
  • Geisslinger G et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen: Pharmakologie - Klinische Pharmakologie - Toxikologie. 11. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2020

Weblinks

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